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Leben
Kritik erwünscht, Deutungsversuche ebenso. Allerdings möchte ich gleich darauf hinweisen, dass ich keine andere Intention hatte, als herauszufinden, wie gut ich schreiben kann.

Irgendetwas stimmte nicht an der Stille um mich herum. Ich hatte mein ganzes Leben so verbracht - in Dunkelheit, Stille, vollkommener Leere. Alles, was ich hatte, waren Fetzen von Gedanken, die mich überhaupt erst ausmachten. Kein Körper, keine Umgebung, keine Erfahrungen. Zumindest kann ich mich an Gedanken erinnern.
Ich war bei der Stille stehen geblieben. Eigentlich war es nicht die Stille an sich. Ich wusste, dass eine Veränderung eingetreten war. Mir war nur nicht klar, was das bedeuten sollte.
Ganz langsam versuchte ich, die Veränderung zu begreifen. Bisher war ich völlig in mich versunken gewesen und jetzt stellte ich plötzlich fest, dass es etwas um mich herum gab. Es hatte keine Form, keine Gestalt. Ich konnte es nicht berühren und ich konnte mich nicht darin bewegen (es war nichts da, woran ich eine Bewegung hätte feststellen können), aber etwas war da.
Meine Gedanken fingen an, sich auszudehnen. Sie strebten auseinander, verloren den Kontakt zueinander. Und ich bekam Angst. Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren. Panisch zog ich mich wieder in mich selbst zurück, kauerte mich zusammen und versuchte, nicht daran zu denken, dass es etwas gab, was nicht ich war.
Nach einiger Zeit gab es noch eine Veränderung. Ich fühlte es. Es war, als wäre ein neuer Gedanke in mir entstanden, der nicht zu mir gehörte und meine Gedanken fraß.
Voller Entsetzen stellte ich fest, dass ein Stück meiner Umgebung an mir hing und auf meinen Zustand reagierte. Ich wollte es loswerden, schrammte mit Fingernägeln über Haut, schrie auf, als ich den Schmerz fühlte, zerrte an Haaren und kratzte durch mein Gesicht.
Ich ertrug es nicht mehr. Ich fühlte, dass mein Körper wieder von mir ab fiel und - nachdem ich jetzt ein Gefühl für den Raum hatte - versuchte ich, davon zu schweben, möglichst weit weg von dem Gefängnis, aus dem ich mich gerade erst befreit hatte.
Mir hätte klar sein müssen, dass es so schnell nicht vorbei war.
Irgendwann fühlte ich, dass mein Körper wieder da war. Widerwillig fügte ich mich meinen Schicksal. Vorerst. Und schlug meine Augen auf.
Ich sah mich. Ich sah den Boden, auf dem ich lag, die Decke über mir, die Wände um mich. Ich setzte mich in, betrachtete mich und spürte das unglaubliche Ziehen in meinem Bauch. Ich wusste ,dass dort etwas fehlte, nur nicht, was es war. Also saß ich einfach weite auf der Stelle, dachte nach und hoffte.
Das Ziehen in meinen Bauch entwickelte sich. Es veränderte sich. Es schmerzte. Und es fing an, in meinen Mund zu klettern. Unter meiner Zunge breitete sich Speichel aus und mein Hunger ließ mich aufstehen.
Ich drehte mich um mich selbst. In einer Ecke sah ich etwas. Ein kleines schwarzes längliches Ding mit vielen kleinen geknickten Stäbchen dran saß dort. Der Speichel wurde so lästig, dass ich ihn herunter schluckte.
Das kleine längliche Ding kroch ein kleines Stück zur Seite und wackelte in wenig mit den beiden vorderen Stäbchen.
Unsicher machte ich eine Schritt darauf zu. Dann ging ich noch ein wenig näher ran. Ging auf die Knie.
Der Käfer krabbelte blitzschnell davon, panisch mit seinen Fühlern wedelnd, während ich hinter ihm her kroch, mit den Händen nach ihm grabschend, bis ich ihn endlich fangen konnte und ihn in meinen weit geöffneten Mund stopfte. Zufrieden kaute ich auf ihm herum.
Die Leere in meinem Bauch wurde weniger schmerzhaft. Und ein weiteres Gefühl machte sich auf meiner Zunge breit und sorgte dafür, dass noch mehr Speichel in meinen Mund floss.
Wütend drehte ich mich um und suchte nach einem weiterem Käfer. Oder irgendetwas anderem, was ich mir in dem Mund stopfen konnte. Ich kroch in jede Ecke, sah a den Wänden entlang und konnte nichts finden.
Nach einiger Zeit fühlte sich mein Körper dumpf an und meine Gedanken flossen aneinander vorbei, behinderten sich gegenseitig.
Ich legte mich in die Mitte das Raumes und schloss die Augen. Kurz darauf fühlte ich, wie mein Körper wieder von mir ab fiel. Der Hunger war verschwunden, genau so die Schmerzen.
Als ich wieder erwachte, sah ich wieder einen Käfer. Ich fing ihn, suchte nach neuen Käfern, fand nichts, schlief wieder ein und jedes Mal, wenn ich einschlief, konnte ich mich weniger von meinem Körper lösen. Schließlich nahm ich meinen Körper mit in all die anderen Sphären, in die ich zu fliehen versuchte, spürte Hunger und Schmerzen selbst im Schlaf. Es ist unerträglich geworden.
Ich stand in der Mitte des Raumes. Dort lag etwas glänzendes, flaches auf dem Boden. Ich bückte mich danach, drehte es in der Hand. Schmerz schoss plötzlich durch meinen Arm in meinen Kopf und ich sah, wie etwas rotes aus meinem Finger läuft. Ich lecke daran, schmecke, wie süß es ist und beobachte stundenlang fasziniert, wie es mit der Zeit weniger wird. Und ich will mehr.
Als ich wieder einschlafe, nehme ich meinen Körper wieder mit, und mitten im Schlaf kommen neue Schmerzen. Als ich am nächsten Morgen erwachte hatten sich einige der Schnitte mit einer rotbraunen Kruste überzogen.

Heute ertrage ich es nicht mehr. Ich nehme meine Klinge und schneide mir meine Arme auf. Ich weiß, dass mein Körper dann endgültig von mir lösen wird. Ich weiß nicht, warum ich es weiß, aber so ist es eben.
Irgendwann sacke ich zusammen und falle auf den Boden. Dunkelheit macht sich um mich breit.


Als ich wieder das Licht sehe, fange ich an mit meinem neuen Mund zu schreien.


Wird noch überarbeitet.
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